Schlagwort: Zivilisation

  • KW 13 – Der Windvogel … das Unglück ist nicht vollkommen …

    Es ist sicher nicht …, nein. An manchen Punkten muss man anerkennen, dass es schon auch Gründe dafür gibt, warum der eine als Lyriker mehr zu sagen hat, als ein anderer, vor allem als man selbst. An Lyrik kann ich mich nicht satt lesen. Aber dabei ist Maßzuhalten. Die Undurchschaubarkeit einerseits, die Klarheit andererseits. Nicolas Borns Windvogel ist da voller Widerhaken. Man kann sich selbst wählen, wie tief man sich in den Strudel der aufgeworfenen Gedankensplitter hineinbegeben möchte.

    windvogel. foto: hufner
    windvogel. foto: hufner

    Über den Wohnungen steigt ein Windvogel —
    das Unglück ist nicht vollkommen.
    Leben macht Spaß
    wenn es Feinde hat
    Leben geht weiter solange
    es Geld einbringt.
    Nahtlos geht in diesem Herbst
    der Himmel über in die Ernte. Hartnäckig
    setzt sich der Friede fort.
    Verwundert ist niemand mehr.
    Tod, um ihn zu erfassen, muß
    dividiert werden durch Masse. Zahlen sind
    ein musikalischer Faktor, erzeugen
    Gemeinsinn.

    Mit glattem Knall ist uns nicht gedient
    uns wäre Gewinsel schon recht.

    Nicolas Born, Gedichte 1967–1978, Reinbek bei Hamburg 1981, S. 35

  • KW 12 – Zeit in Zeitraffer

    In Regensburg gab es einen Platz, der permanent zuplakatiert und zugeklebt worden ist. Eine Tür eigentlich, meine ich mich zu erinnern. In mehreren Schichten klebten die Informationen an die Mitmenschen übereinander. Man erkennt den 1. Mai. Man sieht einen Konzerthinweis. Ansonsten klebte alles, was man kleben konnte, an dieser Tür. Der Status Quo ist dabei die massive Verdichtung von Vergänglichkeit.

    Die Tür. Foto: Hufner
    Die Tür. Foto: Hufner

    Und irgendwie, scheint mir, war diese Tür doch zugleich auch eine Tür. Der Riss geht durch die Mitte.